Eine Aufstellungsperformance als Film und Filminstallation (2021/22, 63:31 min)
Kamera, Schnitt und Technik: Daniel Schäfer
Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Künstler Olaf Probst mit therapeutischer Aufstellungsarbeit, insbesondere mit der systemisch-transgenerationalen Familienaufstellung nach Prof. Franz Ruppert, einer weiterentwickelten und vor allem entpatriarchalisierten Form der systemischen Familienaufstellung nach Hellinger.
Sieben Menschen haben im Juli 2021 in einer transgenerationalen Aufstellung die zwei Sätze: „Ich bin ein böser Künstler: Ich bin“ aufgestellt. Traditionellerweise wird bei einer Aufstellung ein Anliegen im Hinblick auf Klärung, Linderung oder Heilung von akuten Problemstellungen oder Traumata vorgetragen, das im Rahmen einer Gruppe von so genannten Stellvertretern (für Anteile der Problemkomplexe wie Mutter, Vater, Sucht o. ä.) aufgestellt wird. Grundlage der Wirksamkeit dieser Form sind unsere Spiegelneuronen als Träger unserer Empathiefähigkeit. Wird jemand der nichts über die Vergangenheit des Aufstellenden weiß gefragt, den Vater zu stellen, wird er wesentliche Aspekte seines Seins, Charakters, seiner Gefühls- und Seelenlage und Geschichte spüren und sich dementsprechend verhalten und äußern. Er spielt keine Rolle, sondern die aufgestellte Person oder Sache spricht durch ihn dank unserer Spiegelneuronen. Dies ermöglicht bei einer sachkundigen, einfühlsamen und professionellen Aufstellungsleitung neue zukunftbildende Erkenntnisse für ein leichteres Leben mit weniger diffusen Belastungen infolge größerer Klarheit.
Seit ein paar Jahren lässt Prof. Ruppert nicht mehr das Anliegen mit Personal aufstellen, sondern das Anliegen als Satz, das heißt, eine Person steht für das Wort „Ich“, eine weitere für das Wort „bin“ und so weiter.
Wieso diese Sätze?
„Ich bin ein böser Künstler“ ist eine Behauptung, die dem Künstler schon vor Jahren kam und die seither zu einigen pentagrammförmigen Bildwerken und Objekten geführt hat, die in Box 42 zusammengefasst sind und ausgestellt werden.
„Ich bin“ ist ein Satz, der Olaf Probst 2020 bei einer Meditation während seiner 27 Schweigetage im Atelier kam. Eine Behauptung und ein Statement werden konfrontiert.
Die Stellvertreter tragen eine Stiftkamera am Kragen, gewissermaßen als drittes Auge. Nur der Künstler als blinder Fleck nicht, da er mittels der Stellvertreter, aus Teilinformationen ein Bild zusammensetzen möchte, auch Christina Freund trägt, da sie zum suchenden System gehört, keine Kamera.
Christina Freund, die die Aufstellungen begleitet, ist neben ihrer therapeutischen Tätigkeit auch wissenschaftliche Assistentin von Prof. Ruppert. Aus Sicht der Forschung fand sie die Idee interessant, zwei Sätze in solch einem Psycho-Setting in Dialog zu bringen. Diese Idee ist nicht nur aus künstlerischer, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht neu! In welche künstlerische Form lässt sich das bringen?
Der Film liegt in zwei Versionen vor: als Splitscreen-Film und als Filmprojektionsinstallationen, bei der jede der filmischen Perspektiven (oder Warten) der Stellvertreter in unterschiedlichen Richtungen, Winkeln und Größen in den Raum projiziert werden, sodass der Betrachter als Quasi-Teilnehmer sich inmitten der Aufstellung bewegt.
Splitscreen fürs Kino und synchronisierte Einzelbilder für Film-Rauminstallation.